Zur Reaktion der Kirchen und des CDU-Fraktionsvorsitzenden Peter Hauk auf die Pläne der rotgrünen Landesregierung in Baden-Württemberg
von Gisela Weih
Peter Hauk wird auf SWR-Landesschau Aktuell (www.swr.de) mit seiner Forderung zitiert, der Schulunterricht solle auf der Grundlage christlicher Werte erziehen. Damit unterstützt er eine Kampagne gegen den neuen Bildungsplan von Baden-Württemberg, der zu mehr Akzeptanz von Homosexualität erziehen soll. Auch die christlichen Kirchen haben Verständnis für die Kampagne gezeigt.
Sollte etwa das christliche Menschenbild der Amtskirchen gegen eine Akzeptanz von Homosexualität in der Schule sprechen? Sollte es somit in Konflikt mit den Grund- und Menschenrechten stehen? Dieser Auslegung der Bibel könnten sich sicherlich nur wenige Gläubige anschließen. Und auch vielen CDU-Mitgliedern müssten Hauks Äußerungen wie ein Schritt zurück hinter die Zeiten vor Ole von Beust und anderen offen bekennenden homosexuellen ParteifreundInnen vorkommen. Der Verweis auf die Landesverfassung , die sich auf das Christentum bezieht, macht erst recht deutlich, dass im 21. Jahrhundert solche Reste der bundesrepublikanischen Werte-Unsicherheit aus der unmitttelbaren Nachkriegszeit dort korrigiert werden müssen, wo sie noch mitgeschleppt werden. Das ist beispielsweise noch in den Landesverfassungen von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen der Fall.
Andererseits kann man sich zu recht auch fragen, ob ein Umschreiben von Textaufgaben im Sinne der demonstrativen Offenheit gegenüber Homosexualität nicht auch von einem gewissen Missionsgeist geprägt ist. Ein selbstverständlicher Umgang mit unterschiedlichen Orientierungen wird damit auch nicht befördert. Gemälde, Literatur, Liedtexte, Geschichtsquellen, Statistiken etc. bieten als sogenannte authentische Materialien reichlich Gelegenheiten für Lehrer/innen das Thema im Unterricht verschiedener Fächer völlig unaufgeregt zu behandeln. Gesprächsanlässe bieten sich dabei genügend. Es kann auch gar nicht darum gehen, Schüler/innen in ihrer sexuellen Orientierung aktiv zu beeinflussen. Das wäre durch Unterricht ohnehin weder möglich noch wünschenswert. Aber schulische Erziehung kann zu Toleranz gegenüber Schüler/innen beitragen, die gerade in ihrer Entscheidungsfindung stehen.
Im übrigen, wie wollen wir Schüler/innen, die Anhänger/Innen anderer Religionen sind oder gar keiner Religion anhängen, in unsere demokratischen Grundwerte und unsere pluralistische Gesellschaft einbinden, wenn wir Unterrichtsinhalte mit Hinweis auf christliche Dogmen rechtfertigen oder ablehnen?
Außerdem: Erzeugen wir mit dem Heranziehen christlicher Maßstäbe nicht auch Ansprüche anderer Religionen, die in Fragen von Sexualität teils noch deutlich restriktiver und diskriminierender sind, auf Einflussnahme auf Unterrichtsinhalte?
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