Ein Säkulares Arbeitsrecht kennt keinen Verkündungsbereich

In der Debatte zur Abschaffung des Kirchlichen Arbeitsrechtes findet sich aktuell häufig eine Position, die das Arbeitsrecht den Allgemeinen Regelungen des Tendenzrechtes anpassen möchte. Ausgenommen von den Regelungen des Allgemeinen Betriebsverfassungsgesetzes sollen damit nur noch die Angestellten im ‚Verkündungsbereich‘ sein.

Mit dieser Position ist jedoch nichts gewonnen. Solange die Definitionshoheit, was denn der ‚Verkündungsbereich‘ ist, weiterhin den den Religionsgemeinschaften übertragen wird, können diese jederzeit bestimmen, welche MitarbeiterInnen im Bezug auf das Betriebsverfassungsgesetz rechtlos gestellt werden. Von einer Idee von Arbeitsrechten als unteilbaren individuellen Menschenrechten ist dies beliebig weit entfernt. Gleichzeitig bleibt der Staat mit den Religionsgemeinschaften verwoben.

Die Alternative, dass der ‚Verkündungsbereich‘ nach weltlichem Recht festgelegt wird, wird dazu führen, dass der Staat definieren muss, was Religion ist. Eine Funktion, die er als weltlicher Staat nicht kann. Eine derartige Maßnahme dürfte auch auf den Widerstand der Religionsgemeinschaften treffen.

Die säkulare Alternative, Religionsgemeinschaften nicht anders zu behandeln als andere Organisationen, zeigt den eigentlichen Missstand: Loyalitätsfragen treten eben nicht nur bei kirchlichen MitarbeiterInnen auf. Auch Verbände wie Pro Bahn, der Verkehrsclub Deutschlands oder der ADAC werden eben auch nach dem Verhalten ihres Führungspersonals beurteilt.

Hier gilt es, allgemein verbindliche Regelungen zu finden. Sonderrechte sind das exakte Gegenteil hierzu. Am aktuellen Tendenzrecht ist die Willkür der Begünstigtenliste zu kritisieren. Wie kommt diese zustande? Warum entspricht oder beinhaltet sie nicht den Gemeinnützigkeitskriterien?

Aus grundrechtsorientierter Sicht – einer Position, die nicht jedeR teilen muss, die aber innerhalb von Bündnis 90 / Den Grünen Programmbeschlusslage ist – sind soziale Rechte jedoch prioritär. Insofern ist es befremdlich, wenn ausgerechnet bei Grünen Forderungen nach Ausnahmen für den ‚Verkündigungsbereich‘ auftreten. Das Tendenzrecht ist an sich ein Bruch mit der Grundrechtsdogmatik. Ist es wirklich alternativlos? Dies ist keine überwiegend religionspolitische Frage, gehört in die Arbeitspolitik. Sie zeigt aber die Verlogenheit des Umgangs mit Grundrechten.

Ein trauriger Treppenwitz der Geschichte wäre es jedenfalls, wenn die Ausnahmen für kirchliche ArbeitnehmerInnen – der Dritte Weg – das BerufsbeamtInnentum – den ersten Weg – überdauern würden.

 

Werner Hager, 19.4. 2014

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