Debattenbeitrag Werner Hager zur Freiheitsdebette
Freiheit ist zuerst Freiheit zur Kritik von Dogmen. Diese Freiheit ist eine formelle Freiheit, Kritik denken und äußern zu können. Tatsächliche Freiheit liegt allerdings nur vor, wenn diese Freiheit auch praktiziert wird. Eine Gesellschaft, in der dieses Recht zwar gewährt bleibt, jedoch nicht praktiziert wird, kann wohl kaum als freiheitlich bezeichnet werden.
Kritik von Dogmen ist keine wertfreie Angelegenheit. Selbst in der intellektuellen Debatte zeigt sie sich nicht in vermeintlich wertfreier „sachlicher“ Form, sondern sie findet in der Formen der Zuspitzung statt.
Wer meint, dass Freiheit niemandem weh tut, lehnt das Konzept von Freiheit ab. Freiheit ist Freiheit von Herrschaft und fordert vom Individuum, selbst zu denken und die eigenen Angelegenheiten selbst zu entscheiden.
Sich nominell zur Freiheit zu bekennen, ist einfach. Dies haben auch die Konservativen Anfang der 90er gelernt. Dabei greifen sie nicht einmal auf die Freiheit des Kollektivs zurück, sondern wollen die Wahlfreiheit des Einzelnen innerhalb ihrer Warenwelt stärken. Die Freiheit, diese Herrschaftsform kritisieren zu können, heißt aber zuerst Dogmen angreifen zu können, ohne mit staatlichen Repressionen rechnen zu müssen. Gesellschaftlich wirksame Kritik bedeutet aber auch, dass diese Kritik die Menschen bewegt und Empörung gegen diese Dogmen entsteht.
Wem identitätskonstitutive Dogmen entzogen werden, wird dies in den wenigsten Fällen rein intellektuell verarbeiten. Sinnkrisen erscheinen gewalttätig und diese irrationale Gewalt diskreditiert den Ausführenden.
Perfide ist allerdings der §166 des Strafgesetzbuches. Dieser Paragraph straft nicht diejenigen, die irrationale Gewalt anwenden, sondern diejenigen, auf die diese Gewalt reagiert.
Es geht nicht alleine darum, diesen Paragraphen aus dem Gesetzbuch zu streichen, es geht darum, zu vermitteln, dass seine Anwendung Unrecht war und ist. Dass diejenigen, die ihre Identität durch Kritik verletztsehen, im Unrecht stehen.
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