GL Kompakt: Kirchenrecht versus Arbeitsrecht? Politiker will Osnabrücker Initiative auch in Gladbach

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Quelle: GL Kompakt

Stadtgespräch
Kirchenrecht versus Arbeitsrecht?
Politiker will Osnabrücker Initiative auch in Gladbach

Im Oktober 2013 hat Felix W. Wurm, Politikwissenschaftler und Fraktionsmitglied der Grünen im Osnabrücker Stadtrat, einen Ratsbeschluss erwirkt, der gleiche Rechte für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in kirchlichen Arbeitsverhältnissen fordert. Diese „Osnabrücker Initiative“ sorgte bundesweit für Aufsehen, denn sie richtet sich gegen die Anwendung des in der Verfassung verankerten kirchlichen Arbeitsrechts. Dieses Sonderrecht kann Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorschreiben, Angehöriger der Kirche zu sein oder einen Lebenswandel entsprechend der kirchlichen Moralvorstellungen zu führen. In Stuttgart hat es im Februar einen ähnlichen Beschluss gegeben, jetzt wollen die Grünen in Bergisch Gladbach ebenfalls einen Ratsbeschluss erwirken. Klaus Pehle sprach mit Maik Außendorf von den Gladbacher Grünen.

GL KOMPAKT: Was ist genau in Osnabrück beschlossen worden?
Maik Außendorf: Die Osnabrücker Initiative hat drei Bestandteile: Der erste Teil ist, dass der Stadtrat den Bundesgesetzgeber dazu aufruft, die Gesetzeslage zu ändern. Und zwar so, dass das allgemeine Gleichstellungsgesetz Anwendung findet, auch für die in kirchlicher Trägerschaft Beschäftigten. Das ist Appel an Bundestag und Bundesrat. Der zweite Teil ist, dass an die lokalen kirchlichen Einrichtungen ebenfalls appelliert wird, freiwillig auf die Ausübung ihrer Sonderrechte zu verzichten. Also, dass sie in ihren Einrichtungen das Arbeitsrecht angewendet wird, das überall anders auch gilt. Der dritte Teil besteht darin, dass die Rechtsabteilung der Stadt prüft, welche Möglichkeiten es im Vergaberecht gibt. Und bei der Vergabe von Leistungen an kirchliche Einrichtungen darauf zu drängen, das allgemeine Arbeitsrecht anzuwenden. Alle drei Punkte können wir hier in Bergisch Gladbach genauso angehen wie in Osnabrück. Und das würde ich auch gerne tun in der nächsten Ratsperiode.

GL KOMPAKT: Und wen betrifft das genau in Bergisch Gladbach?
Maik Außendorf: Es betrifft eigentlich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in kirchlichen Einrichtungen. Wir hatten ja im letzten Jahr einen Fall in einer Kindertagesstätte in Schildgen. Eine Kindergärtnerin hatte dort einen befristeten Einjahresvertrag und es war von Anfang an bekannt, dass diese Frau von der Lebensweise nicht den katholischen Vorstellungen entsprach. Sie ist aber eingestellt worden, fraglich ob das nach Kirchenrecht überhaupt in Ordnung war. Nach einem Jahr wurde der Vertrag nicht verlängert und das Bistum hat massiv interveniert. So musste diese Frau ihren Arbeitsplatz räumen, obwohl sie dort dringend gebraucht worden wäre. Das betrifft aber rein formal auch Putzfrauen. Rein theoretisch könnte einer muslimischen Putzfrau genauso gekündigt werden, das liegt an der Auslegung des Gesetzes innerhalb der Einrichtung. Einer lesbisch veranlagten Putzfrau kann die Entlassung genauso blühen genauso, insofern sie sich zu ihrer Neigung bekennt.

GL KOMPAKT: Und wie wollt Ihr jetzt vorgehen?
Bevor wir so etwas ernsthaft angehen, werden wir mit den Betroffenen sprechen. Zum Beispiel mit der Mitarbeitervertretung das Gespräch suchen. Wir haben ja hier zum einen die Krankenhäuser, wobei die ja bei uns nicht mit städtischen Mitteln unterstützt werden. Das heißt, da ist eine direkte Einflussnahme kaum möglich. Wir haben einige Kindergärten in katholischer Trägerschaft, die natürlich auch Mittel von der Stadt erhalten. Da gäbe es die Möglichkeit, die Dinge anders zu regeln. Es ist ja so, dass wir nicht fordern können, dass auf die Anwendung kirchlichen Arbeitsrechtes verzichtet wird. Nach heutiger Rechtslage können wir nur appellieren. Das würden wir auch gerne tun, wie das auch die Osnabrücker Grünen getan haben.

Quelle: http://www.glverlag.de/gl-kompakt.aspx

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