Debattenbeitrag Werner Hager
Vorab: Dieser Artikel soll nicht aussagen, dass in Aachen direkte Kirchenförderung vorliegt oder auch nicht, sondern vielmehr die Schwierigkeiten aufzeigen, sich diesem Thema zu nähern.
Der Sachverhalt: In Aachen findet alle sieben Jahre die Aachener Heiligtumsfahrt statt. Besucht werden diese von teils durchaus über 100.000 Menschen, bilden insofern einen relevanten Wirtschafts- bzw. Tourismusfaktor.
Wenn die katholische Kirche diesen Event nun selbst bezahlen würde, wäre dies kein Thema für Säkulare. Allerdings fließen in diese Veranstaltung eben auch öffentliche Gelder. Insbesondere solche der Aachener Sparkasse.
Dass eine Förderung religiöser Veranstaltungen vorliegt, ist für uns nicht unbedingt etwas kritikwürdiges, allerdings interessiert doch, ob die Veranstalter anders behandelt werden als andere Akteure der Zivilgesellschaft.
Wir wollen schließlich, dass sich das Land und damit auch die Kommunen, zu denen die Sparkassen schließlich gehören, religionspolitisch neutral verhalten. Ebenfalls betroffen ist auch noch der Aachener Verkehrsverbund, der die Heiligtumsfahrt ebenfalls bewarb.
Die Schwierigkeit, zu entscheiden, ob eine strukturelle Förderung vorliegt, liegt nun wie folgt:
– Unabhängig vom Inhalt betreibt die Stadt Tourismusförderung. Zum Tourismus trägt die Heiligtumsfahrt allerdings unzweifelhaft bei.
– Unter dem Schlagwort „Kultur“ wird ebenfalls undifferenziert eine Vielzahl von Veranstaltungen gefördert, die religiöse Handlungen umfassen können.
– Unter Brauchtumsförderung können Traditionen gefördert werden, auch wenn diese religiösen Charakter tragen.
Erst einmal geht es nicht darum, dass zukünftig keine Förderung mehr zu Veranstaltungen mit religiösem Charakter fließt, sondern schlicht um die Klarstellung, was gefördert wird und mit welcher Begründung.
Die Heiligtumsfahrt besteht neben rein religiösen Komponenten aus aus solchen, die durchaus auch anderen Kriterien der Kulturförderung genügen, beispielsweise eine Ausstellung zum Aachener Dom. Diese „Dual Use“-Charakter muss ebenfalls gefasst werden.
In der Sparkasse wurde die Heiligtumsfahrt nach den mir bekannten Informationen aber per Vorstandsbeschluß abgesegnet. Kriterien, was denn nun „Kulturförderung“ ist, existieren nicht.
Worum geht es überhaupt politisch: Wir Säkulare wollen, dass keine besondere Kirchen- bzw. Religionsförderung mehr geleistet wird. Dies ist jedoch Staatsauftrag im Land NRW.
Praktisch stoßen wir auf Konstellationen, in denen laufend behauptet wird, es gäbe eben keine besondere Religionsförderung und gleichzeitig die Änderung der Landesgesetzgebung als Kulturkampf angesehen wird.
Eine laizistische Position wäre es, wenn Veranstaltungen mit religiösem Charakter schlicht nicht mehr gefördert werden dürften. Säkular ist es, wenn diese nicht nach anderen Kriterien behandelt werden als diejenigen anderer Organisationen.
Wenn dieses säkulare Kriterium expliziert wird, dann lässt sich die Grenzen der Förderfähigkeit benennen. Die Schwierigkeit ist, dass religiöse Akte, wenn sie nur lange genug durchgeführt werden,
unmittelbar dazu übergehen, zur Tradition zu werden und so der Kultur- bzw. Brauchtumspflege unterliegen. Selbst die Ausstellung der Windeln Jesu.
Deshalb schlage ich vor, von säkularer Seite die Kriterien des Kulturbegriffes zu durchleuchten. Tradition darf hier kein alleiniger Fördergrund mehr sein. Brauchtum sollte zukünftig überhaupt nicht mehr förderwürdig sein, denn hierfür reicht die religiöse Begründung.
Dies ist kein Prozess, der direkt auf Landesebene beginnt. Er beginnt in den Kommunen, in denen anhand einzelner Beispiele genau aufgezeigt wird, welche Begründungsmuster für Förderungen für Projekte mit religiösem Charakter verwendet werden.
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