One Law for All

Thesenpapier von Werner Hager 05.12.2013

Bedingungen für die Akzeptanz von Recht sind für uns die universelle Gültigkeit und ein Rechtssystem, welches Menschen Freiheitsrechte einräumt, die gegenüber den Rechten anderer Institutionen Priorität besitzen.
Die Grünen sind eine Grundrechtepartei. Insofern stehen wir in der Tradition der liberalen Menschenrechte. Anders als der Liberalismus berücksichtigen wir allerdings auch die Bedürfnisse zukünftiger Generationen. Um mit Marx zu sprechen: „Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen Nationen zusammengenommen sind nicht Eigentümer der Erde. Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer, haben sie als boni patres familias (gute Familienväter) den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen. (MEW, Bd. 25, S. 784)“

Unsere Orientierung an individuellen Grundrechten ist daher eine verantwortungsvolle. Verfügungsrechte über die Natur sind insofern an Bedingungen geknüpft. Auch Menschen sind Teil der Natur. Verfügung von Menschen über Menschen, wie bei dem Verhältnis von Eltern zu ihren Kindern, sollte ebenfalls an Bedingungen geknüpft werden, die deren Entwicklung zur Freiheit garantiert.
Herbert Marcuse fasste dies so zusammen, dass es die Natur ist, die befreit werden müsse.

Universell ist Recht nur dann, wenn es für alle Menschen gilt. Hierfür sind drei innere Bedingungen erforderlich:

  1. Das Recht muss objektiv geprüft werden können.
  2. Das Recht muss rational sein, darf keine inneren Widersprüche enthalten.
  3. Das Recht muss unabhängig von religiösen Argumentationen oder von einzelnen Traditionen stehen. Es muss säkular sein.

Als äußere Bedingung tritt hinzu, dass jedeR die Fähigkeit besitzen muss, sein/ihr Recht auch einzuklagen.

Eine Gesellschaft lebt zudem ihr Recht, trägt dieses nicht als unerreichbares Ideal vor sich her. Und richtet sich vor allem nicht in letzterem Zustand ein.

Die britische Kampagne „One Law for All“ fürchtet zu recht die zunehmende Verwendung von Scharia-Recht auch in Europa. Hierzu ist zuerst einmal zu klären, warum in Europa Richterinnen und Richter und vor allem Staaten auf die Idee kommen, ein derartiges Rechtssystem zu nutzen?

Die Begründung hierfür ist „Frieden“. Und diese Begründung sollten wir ernst nehmen. Doch einen Frieden, der die Freiheit opfert, gibt es nur als Preis der Selbstaufgabe und auch der Aufgabe der Zukunft. Denn im Bestehenden existiert die Zukunft nur als rationale Utopie.

Zudem ist das Scharia-Recht bei weitem nicht die einzige Infragestellung des oben skizzierten grundrechtsorientierten Rechtes. Neben anderen religiösen Rechtssprechungen drohen beispielsweise Gleichstellungen natürlicher und nichtnatürlicher Rechtssubjekte.

Das säkularisierte Naturrecht als das Recht der Aufklärung, des Universalismus und der Vernunft, ist in Verruf gekommen. Wir sollten es weiterentwickeln. Der Ort hierfür ist Europa. Europa ist nicht nur die Europäische Union, sondern auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.

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