Projektskizze für ein Neutralitätsgesetz in NRW

Projektskizze für das Dialogforum am 21. März 2021

Wer reicht die Projektskizze ein?

Werner Hager, KV Rheinisch-Bergischer Kreis, LAG Säkulare Grüne NRW, werner.hager@nrw.saekulare-gruene.de

Projekttitel

Ein umfassendes, sektorenübergreifendes Neutralitätsgesetz

Kurzbeschreibung des Projekts, inklusive Beschreibung des Alltagsbezugs/-nutzen für die Wähler*innen?

Begrüßenswerterweise hat der NRW-Landtag am 3.3.2020 ein Neutralitätsgesetz für die Justiz beschlossen. Leider bezieht es sich wiederum nur auf die Justiz, nicht auf die grundsätzliche Frage wie das Land NRW den Menschen gegenübertritt.

Einzelne, sektorale Regelungen ergeben kein stimmiges, widerspruchs- und damit nicht als Willkür wahrgenommenes Bild. Dies kann erst ein umfassendes Landesgesetz regeln.

Welches übergeordnete Ziel setzt das Projekt um

Trennung von Kirche und Staat / One Law for All

Voraussetzungen: welche Chancen, welche Schwachstellen bzw. Angriffspunkte bietet die Projektidee mit Blick auf die Wähler*innen und Bündnispartner*innen?

Die Kirchen fürchten um ihren Sonderstatus, Entkopplung von Kirche und Staat wird aber von Reformkräften begrüßt. Zustimmung durch Konfessionsfreie. Neutralitätsgesetz sollte nicht am Anfang mit Detaildebatten überladen werden, Debatten sollten über Regelungen darin, nicht das Neutralitätsgesetz selbst stattfinden.

Politisches Potential: worin besteht der Beitrag zur Schärfung des grünen Profils, worin die Möglichkeit der kommunikativen Zuspitzung?

Grüne präsentieren als ordnungspolitische Kraft, die die überkommene Religionsverfassung reformieren will, diese auch auf zukünftige Herausforderungen ausrichtet und dies strukturell angeht.

Wie wird das Projekt konkret umgesetzt (verwaltungstechnisch, rechtlich, finanziell, zeitlich)?

Einfaches Landesgesetz. Alle Institutionen für die Umsetzung sind vorhanden.

Erläuterungen, Ergänzungen, Studien etc.

Vorschlag für ein Gesetz als Diskussionsgrundlage

Präambel

Das Land NRW gewährleistet die Glaubens- und Gewissensfreiheit für alle Menschen in NRW. Gleichzeitig verhält es sich neutral gegenüber Religionen. Die Verfassung des Landes ist nicht wertfrei, ihre Artikel speisen sich ideengeschichtlich aus römischem Recht, Christentum, Humanismus

und Aufklärung. In Zukunft werden andere Einflüsse inzukommen. Der Gesellschaftsvertrag muss aber als Konsens aller Bürgerinnen und Bürger auf religiöse Letztbegründungen und Bezüge verzichten und sich darauf beschränken, Religionen und Religionsgemeinschaften als Teil der Pluralität einer modernen Gesellschaft neben anderen Einflüssen anzuerkennen. Dieser neutrale Charakter äußert sich im Handeln der Institutionen, aber auch in ihrer Symbolik. Nicht nur Gebäude, sondern auch im Landesdienst tätige Menschen symbolisieren in unterschiedlichem Maße gegenüber der Öffentlichkeit das Land NRW. Das säkulare Recht als Basis einer liberalen Gesellschaft wird durch die Justiz vertreten, deren Unparteilichkeit zentral für eine freiheitliche Gesellschaft ist. Ein weiterer sensibler Bereich sind Schulen und das Justizvollzugswesen, da der Einzelne hier dem Einfluss nicht ausweichen kann.

Das Ziel der Klarstellung des neutralen Charakters des Landes befindet sich in einem Spannungsverhältnis zur positiven Religionsfreiheit während der Tätigkeit im Dienste des Landes. Dieses Gesetz regelt den Grad der Zurückhaltung bei religiösen und weltanschaulichen Bekenntnissen während der Dienstzeit.

§1

Religiöse Symbole sollen nicht an und in Gebäuden des Landes angebracht sein. Sofern solche noch vorhanden sind, sollen diese entfernt werden. Ausnahmen hiervon können sich aus Regelungen des Denkmalschutzes ergeben. § 2 Beamtinnen und Beamte sowie Angestellte des Landes NRW und ausführende von subsidiären Staatsaufgaben müssen sich mit religiösen und weltanschaulichen Aussagen sowie Symbolik während ihrer Arbeitszeit zurückhalten. Dies gilt insbesondere, wenn Unklarheit über den unparteiischen Charakter des Staates bestehen könnte.

§ 3

Hauptamtliche und ehrenamtliche Richterinnen und Richter sowie Beamtinnen und Beamte, die im Bereich der Rechtspflege, des Justizvollzugs oder der Polizei beschäftigt sind, dürfen innerhalb des Dienstes keine sichtbaren religiösen oder weltanschaulichen Symbole, die für die Betrachterin oder den Betrachter eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft demonstrieren, und keine auffallenden religiös oder weltanschaulich geprägten Kleidungsstücke tragen

§ 4

Lehrkräfte und andere Beschäftigte mit pädagogischem Auftrag gegenüber der Schulpflicht unterliegenden Kindern und Jugendlichen gemäß dem Schulgesetz dürfen innerhalb des Dienstes keine sichtbaren religiösen oder weltanschaulichen Symbole tragen. Ebenso dürfen sie keine auffallenden religiös oder weltanschaulich geprägten Kleidungsstücke tragen. Dies gilt nicht für die Erteilung von Religionsunterricht.

§ 5

Für Beamtinnen und Beamte im Vorbereitungsdienst und andere in der Ausbildung befindliche Personen können abweichend von §§ 2 bis 4 zugelassen werden. Die beamtenrechtliche Entscheidung trifft die Dienstbehörde, die Entscheidung in den übrigen Fällen die jeweils zuständige Personalstelle.

§6

Die Hochschulen des Landes sind gehalten, ihre Autonomie gegenüber weltanschaulicher oder religiöser Vereinnahmung zu wahren.

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