Wie auch immer es heißen mag

Diskussionbeitrag Werner Hager

Wir brauchen einen gemeinsamen Philosophie- und Ethikunterricht für alle. In Luxemburg leistet dies ein Fach, welches „Gesellschaft und Leben“ heißt. Wir können aber auch mit der in Deutschland übliche Formulierung „Philosophieren für Kinder“ beginnen. Wesentlich ist es, in der Schule gemeinsam neben Wissen über unsere Gesellschaft das Denken zu lernen und über das Sein und Sollen sprechen zu können. Eine Gesellschaft, die sich der Freiheit verpflichtet sieht, braucht eine Persönlichkeitsbildung, ohne die auch politische Bildung substanzlos bleiben muss.
Bisher wird dies vom Gesamtbildungssystem unzureichend geleistet, „Wertevermittlung“ bzw. Ethik wird als Sache der Religionen gesehen, Heiden werden gehütet. Philosophie und Ethik wurden insofern meist nur als Zwangsersatzfach für die Übrigen diskutiert statt sie als gemeinsamen Unterrichtsinhalt zu verankern.

Die Schaffung dieser Grundlagen bedeutet nicht, dass Religionsunterricht verschwinden muss. Wer Religionsunterricht zusätzlich nehmen möchte, dem sei dies freigestellt. Allerdings muss Unterricht, der im Kontext von Schulen angeboten wird, dieselben kritischen Methoden akzeptieren. Es muss aber auch heißen, dass die Vermittlung von Wissen über die Religionen – soweit es gesamtgesellschaftlich relevant ist – von den übrigen Fächern bereits geleistet wird.
Ob jetzt die evangelischen und katholischen Kirchen je eigene oder einen gemeinsamen Religionsunterricht anbieten, ist insofern ohne Bedeutung. Allerdings ist zu prüfen, ob ein gemeinsamer Religionsunterricht den in Artikel 7 des Grundgesetzes formulierten Auftrag erfüllt.

Die Verpflichtung, gemäß Artikel 7 des Grundgesetzes Religionsunterricht durch die beiden Kirchen anzubieten, ist aber auf die Schulen beschränkt, die nicht bekenntnisfrei sind. Und hier liegt für mich der eigentliche Systemfehler: Warum ist nicht zumindestens die Regelschule in diesem Land bekenntnisfrei? Die als solche meist wahrgenommenen Gemeinschaftsschulen sind eben christliche Gemeinschaftsschulen, in denen katholische und protestantische Kinder gemeinsam unterrichtet werden sollten, auch wenn sie jeweils den eigenen Religionsunterricht besuchen. Bekenntnisfreie Schulen gibt es – anders als in Weimar – aber nur in einigen Formen von Privatschulen.

Allerdings erodiert dieses Gebäude zunehmend, denn immer mehr Eltern und Kinder treten aus den Kirchen aus, immer mehr wollen nicht mehr als Religionsunterricht teilnehmen. Ich denke, die Zeit ist insofern reif für einen gemeinsamen Unterricht für Alle. Ethik an Grundschulen überhaupt anzubieten, steht immerhin erstmalig im Koalitionsvertrag NRW.

 

 

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